Der neue 5G-Standard ist schon seit geraumer Zeit in aller Munde. Bis die Technologie in Deutschland tatsächlich eingesetzt werden kann, wird es jedoch noch etwas dauern. Wir erklären, was sich im Vergleich zu 4G (LTE) ändert und welchen Anwendungen der neue Netzstandard zum Durchbruch verhelfen kann bzw. überhaupt erst möglich werden.
Die Telekom plant mehr als 40.000 Funkmasten bis Ende des Jahres umzurüsten, so dass gut 50 % der deutschen Bevölkerung mit dem neuen 5G-Standard versorgt werden könnten. Der stärkste Wettbewerber der Telekom – Vodafone – hat ebenfalls bereits mit dem Netzausbau begonnen und der spanische Konzern Teléfonica plant mit O2 in den kommenden Monaten in den fünf größten deutschen Städten zu starten.
Ein Jahr nach der Auktion der 5G-Frequenzen (Kosten von insgesamt 6 Mrd. Euro) mangelt es jedoch nicht nur an der Umsetzung des Netzausbaus der Dienstbetreiber, sondern auch noch an einem breiteren Angebot 5G-fähiger Smartphones und entsprechender Anwendungen. Man muss daher kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass es wohl noch etwas dauern wird, bis die Vorteile von 5G genutzt werden können. Doch was sind die wichtigsten Unterschiede zwischen dem derzeitigen 4G- und dem zukünftigen 5G-Standard?
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Alles schneller und besser – ein Vergleich
Während die Latenzen, also die Zeit, die ein Signal benötigt, um vom Smartphone über den Funkmast ins Internet und wieder zurückzukommen, beim aktuellen Standard ca. 45 bis 90 Millisekunden benötigt, kann die Latenz bei 5G unter bestimmten Voraussetzungen sogar unter eine Millisekunde kommen. Zum Vergleich: Eine Millisekunde ist in etwa die Zeit, die auch das menschliche Nervensystem benötigt, um Daten zu verarbeiten. 5G kann so Daten in realer Echtzeit liefern.
Doch nicht nur die Latenz ist stark verbessert, auch die Bandbreite kann bis zu 10 GBit/s anstatt bislang 500 Mbit/s erreichen. Apropos Bandbreite: Diese muss zudem nicht mehr zwangsläufig mit anderen Usern geteilt werden. Wer kennt das nicht bspw. bei Großveranstaltungen? Hat das mobile Datennetz noch wunderbar funktioniert, bevor das Stadion oder die Konzerthalle gefüllt war, so teilt man sich plötzlich mit tausenden anderen Smartphone-Besitzern den umliegenden Funkmast. Das Ergebnis ist bekannt. Der Datenfluss wird langsam und kommt in nicht seltenen Fällen komplett zum Erliegen. Mit 5G ist zukünftig zum einen eine hohe Dichte von bis zu 1 Million Endgeräte/km² mit einer Kapazität von bis zu 10 TBit/s möglich und zum anderen können flexible Bandbreiten verwendet werden, so dass Smartphones fest definierten Bandbreiten zugeordnet werden können und jedes Device die volle Bandbreite nutzen kann.
Neben Latenz und Bandbreite sollte nicht unerwähnt bleiben, dass beim 5G-Standard der Wechsel von Funkzelle zu Funkzelle – auch bei Geschwindigkeiten von bis zu 500 km/h – deutlich verbessert sein wird. Der häufige Abbruch der mobilen Verbindung bspw. im ICE wird damit weitestgehend der Vergangenheit angehören.
In der Industrie träumt man zudem davon, dass die Gefahr des Verlusts von Datenpaketen durch WLAN-Lösungen der Vergangenheit angehört, denn bei der 5G-Lösung ist dies mit einer Zuverlässigkeit von bis zu 99,999 % nahezu ausgeschlossen. Darüber hinaus hat der neue Mobilfunk-Standard mit einer Batterielaufzeit von bis zu 10 Jahren eine deutlich bessere Energiebilanz und ermöglicht eine Positionierung auf unter 10 cm genau. Tolle Aussichten für die Fabrik der Zukunft.
Doch 5G bringt auch ein paar nicht zu unterschätzende Gefahren mit sich. Es ist zu vermuten, dass nicht zuletzt aufgrund der hohen Geschwindigkeiten und der verlässlicheren Verfügbarkeit, nicht wenige Industrien in der Produktion, bei Industrie 4.0-Lösungen von verkabelten Netzwerken auf mobile 5G-Anwendungen wechseln werden. Je mehr Endgeräte Daten sammeln und diese zentralisiert speichern, desto mehr Daten schwirren auch umher. Allein schon durch die zu erwartende exponentielle Zunahme von teilweise sensiblen Daten, erhöht sich zwangsläufig das potentielle Risiko von Datenangriffen. Welche Möglichkeiten sich für Hacker aufgrund der Neuartigkeit des Standards dann tatsächlich bieten, ist zum heutigen Zeitpunkt nicht vorhersehbar. Fatal wäre, sich allein auf die Sicherheitslösungen des bisherigen Standards zu verlassen.
Was durch 5G erst möglich wird
Durch die oben beschriebenen Vorteile ergeben sich für eine ganze Reihe von Anwendungen, die heute noch in den Kinderschuhen stecken bzw. noch keinen Durchbruch erlangt haben, sensationelle Möglichkeiten. Es handelt sich dabei vor allem um Anwendungen aus den nachfolgenden Bereichen:
- Echtzeit-Anwendungen
- Erweiterte und virtuelle Realität
- Mobilität und autonomes Fahren
- Industrie 4.0 und Internet der Dinge
- Werbung in der fünften Dimension
Reale Echtzeit-Anwendungen bei Großveranstaltungen und Paketauslieferungen
Mit 5G wird es zu realen Echtzeit-Anwendungen kommen. Wenn die Paketdienste heute noch von Übergabepunkte abhängig sind, um das System zu füttern, kann ein Paketempfänger zukünftig in tatsächlicher Echtzeit und punktgenau den aktuellen Standort seiner Lieferung verfolgen. Insgesamt werden einige Anwendungen zudem davon profitieren, dass die Rechenleistung nicht mehr im Device selbst getätigt werden muss, sondern in einer Cloud erfolgen kann. Die schnelle Latenzzeit wird ermöglichen, dass die Anwendungsgeräte kostengünstiger, kleiner und leichter werden. So wird definitiv der Markt für Smartwatches davon profitieren. Die Uhren werden finanzierbar, ästhetischer und erhalten gleichzeitig eine Vielzahl neuer Funktionen. Ergänzt, um den schon heute zu erkennenden Trend, dass das Interface der Zukunft nicht die Eingabe per Tastatur ist, sondern die Sprache, hat die Smart-Watch sogar das Potential das Smartphone überflüssig zu machen.
Doch damit nicht genug. Die 5G-Technologie wird uns auch mit allerlei Echtzeit-Informationen etwa bei Sportveranstaltungen versorgen können. Möglich wird dies ebenfalls durch die geringe Latenz, aber auch durch die Möglichkeiten entsprechenden Devices, dezidierte Bandbreiten zuordnen zu können. Vodafone hat hierzu im vergangenen Jahr bereits einen ersten Test erfolgreich bestanden. Im Rahmen eines Fußball Bundesligaspiels zwischen dem VFL Wolfsburg und der TSG Hoffenheim hat der Telekommunikationsdienstleister zunächst das Stadion des VFL Wolfsburg komplett mit 5G ausgeleuchtet, also technisch entsprechend vorbereitet. Mit Hilfe einer App und der Smartphone-Kamera war es während des Spiels möglich, jeden einzelnen Spieler zu fokussieren. Daraufhin konnte man sich die Geschwindigkeit des ausgewählten Fußballers in Echtzeit auf dem Display anzeigen lassen. Bei diesem Versuch war es zwar nur möglich, sich die Geschwindigkeit anzeigen zu lassen, aber es leuchtet einem ein, dass diese Technik um weitere statistische Werte, wie bspw. gelaufene Distanz, Anzahl Abseitsstellungen usw., leicht angereichert werden könnte – ein erfolgreiches Beispiel, wie die geringen Latenzzeiten dazu dienen, Daten in Echtzeit darzustellen.
Durchbruch für Augmented und Virtual-Reality?
Schon seit längerer Zeit ist die Rede von den unfassbaren Möglichkeiten, die einem Augmented bzw. Virtual Reality bieten können. Was war noch gleich der Unterschied? Während bei Augmented Reality die reale Welt mit digitalen Daten erweitert wird, entsteht bei Virtual Reality eine neue Welt. Beispiele für Augmented Reality sind Anwendungen bei denen Produkte digital in das eigene Umfeld eingefügt werden.
Testet man die heutigen Anwendungen, dann ist die Enttäuschung groß. Das Versprechen hält der Realität häufig nicht stand. Die Ergebnisse haben eine sehr geringe Auflösung, sind langsam und ruckeln oder folgen einem bestimmten Muster ohne die Möglichkeit einer individuellen Einflussnahme. Hinzu kommt eine klobige, nicht ganz kostengünstige Brille, die bestenfalls dazu dient, dem Thema ein Stück weit Futurismus einzuhauchen. Zugegebenermaßen musste man schon eine gehörige Portion Fantasie an den Tag legen, um diesem Medium eine Zukunftschance einzuräumen. So ist es wenig verwunderlich, dass der große Durchbruch bis heute nicht gelungen ist und sich das Thema mittlerweile sogar fast schon erledigt hat. Doch das wird sich dank 5G grundlegend ändern. Warum?
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Der Trend bei AR/VR-Brillen geht einerseits zu komplexeren Lösungen, die nicht vorab gefilmt werden können und andererseits zu deutlich höheren Auflösungen. Wenn das Setup nicht von vornherein bestimmt werden kann und bspw. eine Person nach links läuft, eine andere nach rechts und eine dritte sich bückt, dann kann das Unvorhersehbare nicht in allen Varianten vorab gefilmt oder antizipiert werden. Kommen jetzt noch hohe Auflösungen ins Spiel, dann ist das derzeit technisch nicht machbar. Eine Lösung wäre allerdings dann gegeben, wenn die Bilder in Echtzeit gerendert werden könnten. Ihr ahnt es schon. Dank der geringen Latenz wird es möglich, dass die Sequenzen in einer Cloud gerendert und innerhalb kürzester Zeit zur Brille zurückgespielt werden können. Hinzu gesellt sich ein positiver Nebeneffekt. Da die Aktionen tatsächlich synchron ablaufen, kommt es zu keinem zeitlichen Verzug, der durch das menschliche Gehirn ausgeglichen werden müsste. Das wiederum reduziert die Gefahr von Schwindel und Unwohlsein deutlich. Darüber hinaus dürften zukünftig auch Komfort, Ästhetik und Preis der AR / VR-Brillen deutlich verbessert sein. Die Rechenleistung erfolgt zukünftig nicht mehr in der Brille selbst mittels leistungsfähiger Minicomputer, was sich positiv auf die genannten Faktoren auswirkt.
5G bei Mobilität und autonomen Fahren
Neben der bereits erwähnten verbesserten Funkverbindung bei hohen Geschwindigkeiten, wird dank der geringen Latenzzeiten von 5G auch die Fernsteuerung von Fahrzeugen in Echtzeit möglich. So könnten bspw. Züge, Kräne, Traktoren oder Drohnen mit Hilfe von Monitoren von einem festen Standort aus gesteuert und überwacht werden. Eine weitere mögliche Anwendung, die in eine ähnliche Richtung geht, stellt das autonome Fahren dar. Beim autonomen Fahren wird eine direkte Kommunikation aller Fahrzeuge in Echtzeit sowie eine hohe Verfügbarkeit notwendig. Wenn die Fahrzeuge untereinander kommunizieren und bspw. Abstände und Geschwindigkeiten ermitteln, dann können sie auf dieser Basis selbständig abbremsen, beschleunigen oder überholen. Fraglich bleibt, ob sich die Automobilbranche tatsächlich auf den Mobilfunk abstützen werden oder bereits existierende Funkstandards zu Nutze machen.
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Vielfältige Lösungen für Industrie 4.0 und das Internet der Dinge
Der Einsatz des mobilen 5G-Standards ermöglicht bei der Vernetzung von Maschinen und Geräten ungeahnte Anwendungsszenarien. Beginnend bei smarten Lösungen im Home-Bereich, wie bspw. Echtzeit-Überwachung und Fernsteuerung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Verdunklungssystemen über clevere Anwendungen in der Stadt, z.B. intelligente Straßenbeleuchtung und Parkplatzmanagement, bis hin zur sensorgesteuerten Vernetzung der kompletten Produktion und Anlagen sowie der Lager und Logistik. Bei letztgenanntem können die Produktionsdaten verknüpft, die Ortung von Produkten auf der Montagelinie vereinfacht und die Roboter- bzw. Maschinensteuerung optimiert werden. An Produktions- und Logistikstandorten, an denen Mobilfunk nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung steht, kann zudem ein eigenes Campusnetz, bei dem ein 5G-Mobilfunknetzwerk vom Unternehmen selbst aufgebaut wird, schnell Abhilfe schaffen.
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Werbung in der fünften Dimension
Auch die Werbeindustrie darf sich auf den neuen Netzstandard freuen. Wesentlich kürzere Wartezeiten, bessere Auflösungen, das Ausspielen hochwertiger Videotrailer und 3D-animierter Objekte in Echtzeit sind nur einige Vorteile, die das Herz von Kreativen höherschlagen lässt. Zwar wird all dies bereits heute angewandt und stellt insofern keine Neuerung dar, doch unterliegen diese Werbeformen gewissen technischen Einschränkungen. So sind diese häufig wegen der positiven Anwender-Experience an entsprechende Mindestvoraussetzungen gekoppelt und mobile Endgeräte häufig ausgenommen.
Zu guter Letzt…
Welche Szenarien und Anwendungen kommen euch in den Sinn? Schreibt mir gerne direkt über kontakt@digmarketing.de oder über das Kontaktformular. Ich freue mich auf Eure Anregungen und Ideen.
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